John M. Littlejohn

John Martin Littlejohn wurde am 15.02.1866 in Glasgow geboren. Er war ein introvertierter, hochintelligenter und wissbegieriger junger Mann, der seine sprachwissenschaftliche Ausbildung bereits mit 16 Jahren an der Academy Colraine in Nordirland begann. Nach dem Studium der Theologie an der Universität in Glasgow ging er 1886 als Pfarrer nach Nordirland, um schon bald darauf wieder nach Glasgow zurückzukehren. Dort erwarb er mehrere Abschlüsse und Auszeichnungen in Jura, Theologie, Medizin, Philosophie und Soziologie.
Nach einem schweren Sturz an der Universität litt Littlejohn an häufig rezidivierenden Blutungen im Hals, die ihn zwangen 1892 nach Amerika überzusiedeln, wobei er von seinen beiden Brüdern begleitet wurde. Er setzte seine akademische Karriere an der Columbia University in New York und später als Direktor des Amity College in College Springs, Iowa, fort. Da seine Beschwerden sich nicht besserten kam es 1895 in Kirksville zur schicksalhaften Begegnung mit Dr. Still, der ihn mit wenigen Behandlungen fast vollständig von seinen Blutungen befreite.
Da Still dringend qualifizierte Lehrer an seiner 1892 gegründeten American School of Osteopathy (ASO) benötigte, entschloss sich Littlejohn und seine beiden Brüder, tief beeindruckt vom Konzept und der Effizienz der Osteopathie, Still bei seinen Bemühungen einen höheren Ausbildungsstandard zu etablieren zu unterstützen. 1897 nahmen sie Ihre Lehrtätigkeit auf und schrieben sich zugleich als Studenten an der ASO ein.
John Martin, der u.a. Physiologie unterrichtete erkannte rasch, dass der dogmatisch gelehrte Zugang zur Osteopathie über die Anatomie dringend erweitert werden musste. Er verschmolz sein umfassendes akademisches Wissen mit dem pragmatischen Konzept seines Lehrers und implementierte psycho-physiologische, biomechanische und soziologische Aspekte in das osteopathische Konzept. Mit der Gründung einer veritablen wissenschaftlichen Forschung innerhalb der Osteopathie, insbesondere im Bereich des vegetativen Nervensystems und geometrischer Kraftverhältnisse im Körper wird Littlejohn zum Begründer der modernen Biomechanik und ihrer Wechselwirkung mit den physiologischen Prozessen im menschlichen Organismus. Im klinischen Bereich entdeckte er zudem, dass die beste Behandlung ineffektiv bleiben musste, insofern keine adäquate physiologische Integration selbiger gebahnt wird.
Bei allen Neuerungen, die Littlejohn in die Osteopathie brachte, wich er allerdings niemals vom Kern der Osteopathie ab: Der überragenden Bedeutung des Selbstheilungsmechanismus, den Littlejohn von einer immanenten „vital force“ kontrolliert sah. Wie für Still war auch für Littlejohn der Osteopath kein Heiler, sondern eine Art „Mechaniker“, der optimale Rahmenbedingungen schafft, damit die „vital force“ die Selbstheilung bewirken kann.
Innerhalb der Fakultät gab es jedoch schon bald einen tiefen Konflikt: Stills Anhängern galt der anatomische Zugang zur Osteopathie als heilig. Littlejohn und seinen Brüdern schien dies zu einfach - sie betrachteten die komplexere Physiologie als Kern der Osteopathie. Aber es ging auch um einen zeitlosen Konflikt: Akademisch gebildete Ärzte standen praxisorientierten Osteopathen zumeist ohne höheren Schulabschluss gegenüber. Bereits Ende 1899 kam es zum offenen Bruch, die Littlejohns verließen die ASO und gründeten 1900 in Chicago das Chicago College of Osteopathy.
Aus berufspolitischen und persönlichen Gründen kehrte John Martin Littlejohn 1913 nach England zurück und gründete dort 1917 mit der British School of Osteopathy in London die erste osteopathische Ausbildungsstätte und mit dem Journal of Osteopathy das erste osteopathische Fachjournal Europas. Die europäische Osteopathie wäre in ihrer heutigen Form ohne John Martin Littlejohn undenkbar. Historisch betrachtet reicht Littlejohns Einfluss über BSO-Absolventen wie Alan Stoddard bis in die moderne Manuelle Medizin Deutschlands. Auch das Kaltenborn-Evjenth-Konzept entstand ursprünglich an der BSO.
John Martin Littlejohn starb 1947 in Bagger Hall.

Filtern / Sortieren
Es gibt keinen Artikel, der von diesem Autoren stammt.